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Aus der Geschichte Kiel-Gaardens



Wochenmarkt am Vinetaplatz (4) Elfriede Aaroe



Herings-Variationen einer lebensfrohen Klavierspielerin
Hausgemachte Marinaden auf dem Gaardener Wochenmarkt

Diese kleine äußerlich unscheinbare Person mit dem etwas provisorisch aussehenden zusammengesteckten Zeltstand auf dem Gaardener Vinetaplatz war eine Institution des damals, in den 1960er bis 1980er Jahren, sehr regen Wochenmarkt-Geschehens in dem Kieler Werftarbeiter-Stadtteils.
 Elfriede Aaroe wurde in Tensfeld bei Börnhöved am 18. November 1939 als Elfriede Kiel geboren. Die Eltern hatten ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen und förderten die musische Veranlagung ihrer Kinder. Die Tochter Elisabeth spielte ausgezeichnet Klavier und das führte sie bis ins hohe Alter mit zunehmender Leidenschaft fort. Nach ihrem Schulabschluss besuchte sie jedoch zunächst die Hauswirtschaftsschule in Hanerau-Hademarschen. Es ist wahrscheinlich, dass hier die Grundkenntnisse zur Marinaden- und Salat-Herstellung erworben wurden, die sich dann mit sehr viel Kreativität bis zur geschmacklichen Perfektion weiter entwickelt haben.
Der aus Neumünster stammende Lebensmittelkaufmann Horst-Günther Aaroe gewann 1959 das Herz der jetzt 19 jährigen Elfriede Kiel. Die beiden heiratete im gleichen Jahr. und bezogen ein Haus in Schönhorst – einem kleinen Ort zwischen Flintbek und Preetz gelegen.
Es begann alles in der Garage dieses Hauses. Hier entstand die bescheidene Fertigungs-Küche für die später so sehr begehrten und berühmten Marinaden, die zunächst auf dem Preetzer Wochenmarkt verkauft wurden. Das Geschäft wurde begeistert von den Kunden angenommen. Endlich Ware, die nicht aus der Fabrik kam sondern Köstlichkeiten, bei denen jeder die exklusive Hausmacher-Art erkennen konnte. Elfriede Aaroe hatte den Nerv der Zeit getroffen. Jetzt wollten die Menschen wieder hohe Lebensmittel-Qualitäten voll genießen. Ja, Zeitgenossen sprachen gar von einer neuen Fresswelle im Lande.

Nachdem der Sohn Hans-Joachim im Jahre 1960 geboren und „aus dem Gröbsten heraus“ war, wurde das Geschäft immer wieder erweitert bis sich die Eheleute Aaroe auf einen, für beide Teile passenden Ablauf geeinigt hatten.
Das Paar betrieb bald auf vier Wochenmärkten wöchentlich regelmäßigen Handel. Zweimal fuhr Horst-Günther zum Wochenmarkt auf den Exerzierplatz in Kiel und zweimal fuhr er zum Einkauf auf den Hamburger Fischmarkt. Elfriede war die Produktion und arbeitet in ihrer Garage – täglich mit Essig, Gewürzen und immer wieder mit kaltem Wasser. Das sah bald jeder ihren Händen auch an. Samstags stand Elfriede nun auf dem Gaardener Vineta-Platz in einem Marktverkaufs-Stand, welcher einem alten Fischer-Ehepaar abgekauft wurde und der im Eigenbau in zwei Hälften geteilt je einen Stand für Horst-Günther und einen für Elfriede abgab.
Vor diesem Verkaufsstand bildete sich regelmäßig jeden Samstag eine Kunden-Schlage, oftmals bis über den halben Vineta-Platz, an allen Ständen vorbei - selbst bei sehr vollem Marktgeschehen störte sich keiner an dieser Schlange.
Elfriede Aaroe hatte nur ganz frische Ware, die am Vortag erst in ihrer Garage herstellt wurde. Matjes gabs in allen Variationen, als Matjessalat oder in Sahne-Soßen, saure Heringe und auch hiervon Salate und Heringsfilets in verschiedenen Marinaden, selbstverständlich auch Krabben und Krabben-Salat sowie verschieden eingelegte Gurken und Fleischsalat.
Alles Spezialitäten, deren Rezepte von Elfriede geheim gehalten wurden. Selbst der Sohn, Hans-Joachim sollte die Rezepte seiner Mutter nie kennen lernen – der sollte etwas anderes arbeiten und auch Kaufmann werden.
Im Winter wurde zwar pausiert, weil es einfach zu kalt war auf den Märkten zu stehen. Eine aufwändige Heizung war mit hohen Kosten verbunden. Ebenso scheuten sich die Aaroes in den Urlaub zu fahren. Auch hierfür waren die Kosten zu hoch.

Zweimal - zu Weihnachten und zu Silvester - hatten Diebe die Kasse erbeutet. Das war ein sehr harter Schlag für eine Frau, die eher in spartanischer Weise lebte. 1990, als Horst Günther Aaroe in die Rente gegangen war, gab auch Elfriede ihre Tätigkeit als Markthändlerin auf.
Jetzt war der Stand mit den Marinaden nicht mehr auf dem Vineta-Platz zu finden. 
Horst Günther und Elfriede Aaroe lebten jetzt gemeinsam ganztags in Schönhorst – bis 1999 Horst-Günther starb. Elfriede zog mit der Familie ihres Sohnes für 3 1/2 Jahre nach La Gomera. Das war zwar ein sehr sonniges Leben aber nicht für die kleine norddeutsche Frau. So kam die Familie zurück in das Herz von Schleswig-Holstein – nach Ellingstedt.
Hier baute Elfriede sich einen Freundeskreis neu auf.
Die ohnehin positiv eingestellte Frau pflegte sehr regen Kontakt mit den Nachbarn und ging ihren liebsten Tätigkeiten wie dem Kochen und der gemütlicher Gastlichkeit - verbunden immer mit schönem Klavierspiel - ausgiebig nach.
Sie fuhr einen flotten BMW - den auch recht sportlich - und rauchte schon seit vielen Jahren leidenschaftlich gern Zigaretten. Vielleicht war ja auch eben dieser recht starke Tabak-Genuss der Grund für ihre markant tiefe Stimme.
So lebte Elfriede Aaroe in dem Haus des Sohnes in Ellingstedt am Danewerk noch bis sie schwer krank und von ihrer Schwiegertochter gepflegt werden musste und im im Jahre 2004 für immer die Augen schloss und ihre individuellen Rezepte für die köstlichen Salate und Marinaden nahm sie mit.
Vielen Gaardener Marktgängern in den 1970er und 1980er Jahren blieb diese freundliche Händlerin noch lange im Gedächtnis. Wünschte sie doch jedem ihrer vielen Samstags-Kunden nach jedem Einkauf auch noch einen „SCHÖNEN SONNTACH“.

Fisch war bis in die 1970er Jahre hinein ein preiswertes und vor allen Dingen ein inhaltvolles Lebensmittel. In den letzen Jahren des zweiten Weltkriegs wurde kaum noch in der Ostsee gefischt und die Bestände aller Fischarten wuchsen dermaßen an, dass auch reichlich gefangen werden konnte. Fisch war billig.
Auf dem Vinetaplatz waren auch außerhalb der Wochenmarkttage stets zwei Fischstände, die hier ihre frische Ware verkaufen konnten.

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Teil 2: Ernst August Cordes | Ein Leben für und mit dem Käse
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