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Aus der Geschichte Kiel-Gaardens



„Tante Minna“ (Teil 2)



Vom Gaardener Amüsierlokal mit besonderem Flair zum Hotel Runge
Bekannt bis weit über die Grenzen Kiels hinaus


1953 wurden bei Howaldt wieder Schiffe gebaut und 1954 feierten die Werftarbeiter Freitags wieder ihren traditionellen „Lohntütenball“ in allen Gaardener Gaststätten. Das Haus in der Elisabethstraße Nr. 16 wurde wieder aufgebaut und die Gaardener Bier- und Grogstuben von Minna Runge erstrahlten bald in neuem Glanz.

Die Fernsehzeit in Gaarden hatte in den 1950er Jahren noch nicht begonnen. Die Leute in Gaarden gingen abends nach Feierabend nochmals durch die Straßen und trafen sich in den Gaststätten, die zu den Kommunikationszentren dieser Zeit wurden. Auch bei „Tante Minna“ erzählten sich die Gäste ihre Sorgen und Nöte, lachten miteinander und tranken sich gegenseitig zu. Alltags war gemütliches Beisammensein und am Wochenende wurde getanzt, gesungen und gefeiert.
Eine Kapelle mit mindestens zwei Musikern machte die aktuellste Schlager- und Tanzmusik ohne Elektronische Verzerrung und gar nicht Computerunterstützt.
Manch eine Verlobung wurde bei „Tante Minna“ gefeiert. Aus dieser Lokalität ging niemand allein nach Haus. Das passiert sicherlich auch heute in den schicken Clubs der Yuppies aber damals sahen es die bürgerlichen Gaardener wohl als eher anrüchig an, dabei gesehen zu werden, wie sie zu Minna Runge gingen um sich zu amüsieren. Der Erfolg einer Amüsier-Gaststätte, wie der von Minna Runge, war vor allem der nahegelegenen Werft und ihren Schiffsbesatzungen sowie den Werftarbeitern und dem Betriebsangehörigen von Dr. Hell – genau gegenüber - zu verdanken.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Hotelfach-Schule kam die Tochter Hanne ins elterliche Geschäft zurück und ein Anbau mit dem Hotel entstand in der Elisabethstraße.
Die Fertigstellung des Hotelanbaus hat Albert Runge nicht mehr erlebt. Er starb 1968. Hanne heiratete 1964 den Mechaniker Paul Löfgen.

Minna Runge, die am 11.11. 1898 in Gaarden zur Welt kam, hat stets am 11. November mit dem Start des Karnevals ihre Geburtstags- Feier verbunden. Es ging immer hoch her. Und 1973 zu ihrem 75. Geburtstag (Bild) wurde das ganze Lokal unter den Motto „Fischer-Karneval“ mit Netzen und maritimer Dekoration ausgeschmückt. Die Gratulanten waren neben den Journalisten der lokalen Zeitungen, selbstverständlich alle Stammgäste, einige Herren des 4. Polizeireviers, Brauereivertreter mit anderen Lieferanten, die Vorsitzenden vieler Vereine und ein Abgeordneter der Stadt.
Das war wahrscheinlich einer der letzten Tage an dem der Saal des Lokals richtig voll war. Denn im Laufe der 1970er Jahre veränderte sich das gesellschaftliche Leben und damit wurde das Geschäft auch in den Gaststätten zunehmend schwieriger.
Gerade die Bier-Kneipen, die wegen des freizeitlichen Ausgleichs und mit dem jeder das Gefühl des Frohsinns verbunden hatte, wurden immer weniger besucht. Das Konzept des Gaststättenbetriebes von Tante Minna ging nicht mehr auf. Bald spielte nur noch am Samstagabend ein Alleinunterhalter zum Tanz für immer weniger Gäste. Die traditionsreiche Gaststätte „Gaardener Bier- und Grogstuben Runge“ schloss im Jahre 1976 die Türen. Minna Runge lebte noch bis 1981.
Bis 1985 feierte in ihren Lokalitäten noch das spanische Zentrum seine Feste. Dann folgte ein ganz großer Umbau. Die Eingangstür der ehemaligen Gaststube wurde zugemauert und das kleine aber feine „Hotel Runge“ mit nunmehr 30 Betten entstand, welches auch heute noch unter der Leitung von Hanne Löfgen und ihren Mann Paul weit über die Grenzen Kiels hinaus einen besonders großen Bekanntheitsgrad und einen soliden Ruf genießt.
Bilder: Walter Ehlert
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