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Aus der Geschichte Kiel-Gaardens

Straßenbahnen in Gaarden



Am 6. Februar 1901 bimmelte der erste elektrische Straßenbahnwagen durch Gaarden, das durch die ständige Ausweitung der Werften, immer stärker bewohnt wurde. Wenn Gaarden selbst auch, wie es in einem zeitgenössischen Bericht hieß, »auf den von Kiel Kommenden einen geradezu erbärmlichen Eindruck machte«.
Die Gaardener Wagen waren klein und besaßen offene Perrons. Die Fahrer stellten die Weichen mit Hilfe einer langen Stange, die vorn am Wagen hing.
Diese Stange war auch sehr praktisch bei Entgleisungen, konnte mit ihrer Hilfe doch eine stromführende Verbindung zwischen Puffer und Gleis hergestellt werden, bis sich die Räder wieder in den Schienen befanden. Das kam nach Berichten aus der damaligen Zeit häufig vor, besonders an der Ecke Raasch-/Werftstraße (jetzt Sandkrug), wo den Gleisbauern die Anlage einer engen Kurve im Verlauf der Gefällstrecke offensichtlich nicht sehr gut gelungen war.
Die erste Gaardener Linie, am 2. Februar 1901 landespolizeilich geprüft und abgenommen, führte über eine Strecke von 2,5 Kilometer vom neuen Kieler Bahnhof (zunächst von der Lerchenstraße, später vom Hansa-Hotel) durch die Kai- zur Gaardener Straße, dann über den Bleßmannsdamm zum Karlstal und weiter durch Schul- und Augustenstraße bis zur Ecke Elisabethstraße. Die Straßenbahn endete auf der Gaardener Seite fast am Fähranleger.
Ein Vierteljahr später, 3. Mai 1901, wurde die am 29. April abgenommene, sogenannte »Wellingdorfer Linie« in Betrieb genommen. Sie führte vom Fähranleger Wilhelminenhöhe in Gaarden durch den im Besitz der Kaiserlichen Werft befindlichen Fährenweg zur Schönberger Straße (seit 1910 Werftstraße), dann durch Sandkrug (hieß zuvor Werftstraße), Raasch- und Norddeutsche- zur Kaiserstraße und weiter über die Kiel-Schönberger nach Wellingdorf. Doch die Straßenbahn-Gesellschaft hatte nicht nur die beiden Linien in Gaarden eingerichtet, sie ließ in der Schönberger Straße in Gaarden auch ein neues Depot mit einem neuen Kraftwerk errichten.
Die Stadt scheint sich damals recht generös verhalten zu haben. Denn schon seit dem 14. September 1908 fuhr die Linie 5, von Wellingdorf durch die Schönberger Straße (jetzt Werftstraße) kommend, statt zur Wilhelminen-höhe zum neuen Gaardener Fähranleger.

Die Gaardener Verkehrsverhältnisse sollten bald weiter verbessert werden. Vom 8. November 1909 an wurde die Linie 4 von der Ecke Elisabeth- durch Augusten- und Kaiserstraße bis zur Norddeutschen Straße verlängert, auf der Kieler Seite fuhr sie seit Mai 1909 vom Neumarkt kommend, über die Holstenbrücke, den Eisenbahndamm und durch die Auguste Viktoria-Straße nach Gaarden. Eine neue Linie 8 wurde eingerichtet, die vom Neumarkt bis nach Wellingdorf fuhr und die Linien 4 und 5 verstärken sollte. Dafür wurde das bisherige Gleis, das in der Elisabethstraße die Verbindung zwischen den Linien 4 und 5 darstellte, stillgelegt.
»Gaarden ist nur ein Stiefkind der Stadt«, hieß es noch im Januar 1913 in einem Zeitungsartikel, der sich darauf bezog, dass der Straßenbahnausbau im Zuge der Hummelwiesenbrücke überhaupt keine Fortschritte mache.
Ab 6. Juni 1914 konnte endlich auch die Straßenbahn über die neue Gablenzbrücke fahren — die Linien 4 und 8 fuhren nunmehr ab Neumarkt durch Wille- und Holstenstraße sowie das Sophienblatt am Bahnhof vorbei zur Hummelwiese und dann über die Gablenzbrücke und Gablenzstraße zum Karlstal. Das Gaardener Gleisnetz war damit praktisch so weit komplett, wie es bis in den Zweiten Weltkrieg hinein bleiben sollte.
Als der Neumarkt, der heutige Rathausmarkt, dann Adolf-Hitler-Platz hieß, fuhr bis 1943 die Linie 8 von diesem Platz auf der Gaardener Strecke bis nach Wellingdorf. 1944 gab es wieder eine Linie 4 vom Nord-Ostsee-Kanal bis Wellingdorf und am 21. Juli 1945 lief wieder der erste Zug der Linie 4 auf der Strecke Depot Gaarden — Knorrstraße. Man blieb bei dieser erst im Kriege eingeführten Ost-Westufer-Verbindung, weil sie vielen Fahrgästen das frühere Umsteigen am Rathausplatz ersparte.
1949 waren die Kriegsschäden insoweit behoben, dass die Straßenbahn-Linie Nr. 4 ihre endgültige Streckenführung vom Nordostseekanal-Fähre Holtenau über Gaarden bis nach Wellingdorf befuhr.

Um den Betriebsbahnhof Gaarden ausbauen zu können, erwarb die KVAG Ende der 1950er-Jahre zusätzliche 22.000 Quadratmetern Grund und Boden. Zwischen 1959 bis 1962 ließ die Verkehrsgesellschaft auf dem Gesamtgelände anschließend mehrere Neubauten errichten, darunter eine neue Hauptwerkstatt. Dort sind die Beschäftigten der KVAG nicht nur mit der täglichen Wartung der Fahrzeuge, sondern vor allem mit der Modernisierung der Wagen beschäftigt.

Seit 1951 fuhr die Linie 4 über die neue Werftstraße in die Elisabethstraße. Die Strecke führte für den Fahrer der großen Düwag-Gelenktriebwagens in ein eingleisiges Streckenstück, welches über die Gaardener Augustenstraße bis zur Mitte der Schulstraße führte. Der Gegenverkehr wurde mit einer Ampelanlage zum Halten aufgefordert. Das gelang – meistens.
Als am 4. Mai 1985 der letzte Zug in den Betriebshof einrückte waren 104 Jahre Kieler Straßenbahngeschichte beendet worden.
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