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Die Geschichte Kiel-Gaardens



Walter Ehlert

Gaardener Archivar



Der Alt-Gaardener Walter Ehlert gibt Einblick in sein Buch „Gaardener Geschichte(n) vom Handel und Wandel“, das demnächst erscheinen wird.

Walter Ehlert hat einen berühmten Onkel: Den Volksschauspieler Henry Vahl, einst zusammen mit Heidi Kabel das Aushängeschild des Hamburger Ohnsorgtheaters. Und er kann gut damit leben, dass seine eigene Biografie nicht so schillernd verlaufen ist wie die seines 1977 verstorbenen Verwandten. Ehlert lernte Großhandelskaufmann, arbeitete zunächst an der Schleuse und später im Pressevertrieb, wo er seine Freude am Schreiben und Geschichtensammeln entdeckte. Viele dieser Geschichten ranken sich um die legendäre Iltishalle, die ursprünglich „Rabes Restaurant“ hieß und erst 1922 ihren heute noch geläufigen Namen bekam. Das Lokal brummte von Anfang an. Nach Feierabend kamen die Werftarbeiter oft genug einfach nicht an der Iltishalle vorbei und setzten ihren Lohn in Bier um. Vereine feierten ihre Stiftungsfeste und hielten Versammlungen ab, beim sonntäglichen Frühschoppen war der Gastraum zum Bersten voll.
Der 1948 geborene Chronist erinnert sich noch gut daran, wie in der frühen Wirtschaftswunderzeit erboste Frauen ihre Männer von den Biertischen wegzerrten. Es ging wieder aufwärts, und die Kinder aus der Iltisstraße hatten trotz aller Trümmer das merkwürdige Gefühl, in einer irgendwie ganz heilen Welt zu leben.
In einer überschaubaren jedenfalls. Schon als Dreijähriger durfte Ehlert allein zum Spielen gehen, es gab zu dieser Zeit gerade mal zwei Autos in der Iltisstraße. „Natürlich mit einem viel zu großen Rad“ lernte der Gaardener dort das Fahrradfahren. Oder er spielte mit seinen Kumpels hinterm Iltisbunker, wo die Jungs immer wieder von Fritz Mahrt verscheucht wurden, dem Chef der Räucherei, in der wirklich noch Fisch geräuchert wurde.
Überhaupt boten die Iltisstraße und ihr Umfeld alles, was der Mensch brauchte. Im Milchladen nebenan bedienten bis zu sechs Frauen die zahlreiche Kundschaft, im Fischgeschäft gegenüber kaufte die Familie billigen Hering, Gemüsegeschäfte, eine Fleischerei und Lebensmittelläden waren ebenfalls da. Und eine Radiohandlung, vor deren mit kaum erschwinglichen Auslagen bestücktem Schaufenster sich der in kargen Verhältnissen aufgewachsene kleine Walter oft genug die Nase platt drückte.
Die Radiohandlung ist heute ein Dönerladen. Gemüse und Lebensmittel gibt es immer noch, von fast durchweg türkischstämmigen Geschäftsinhabern. Und das Haus Iltisstraße 49 wurde 1995 an Anleger verkauft. Gaarden hat sich verändert zum Vielvölker-Stadtteil und auch zu einem Stadtteil mit zu wenig Arbeit und entsprechenden sozialen Problemen.
Walter Ehlert, der schon lange nicht mehr in Gaarden wohnt, sieht die Entwicklung gelassen. „Irgendwie ist es ja auch spannend“, meint der 67-Jährige, der nach wie vor gern in die Iltishalle kommt und dem Haus eine eigene Chronik gewidmet hat.
Dass die Gaststätte seit 1982 Bambule heißt, stört Ehlert dabei am allerwenigsten. Nach wie vor ist die vom aus dem syrischen Palästina stammenden Wirt Adnan Alsahli geleitete Bambule ein Treffpunkt ebenso für Vereine und Familien wie für Doktoren und Hilfsarbeiter. Ein Stück vom alten Gaarden.
Dass es vor der Bambule, wo sich Kirchenweg, Gazellestraße und Iltisstraße treffen, seit Sommer 2014 einen Henry-Vahl-Platz gibt, ist übrigens auch ein Verdienst des engagierten Hobby-Heimatkundlers. Und zugleich eine große Freude für ihn.
Martin Geist


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