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Gaarden Blog



Integration Adieu

Martin Geist     22.01.2016


Dinge, die man nicht erfährt, sind manchmal besonders interessant. Wo zum Beispiel ziehen die Flüchtlinge hin, wenn sie eine eigene Wohnung finden?

Ortsbeiratsvorsitzender Bruno Levtzow ist ein weitsichtiger Mann und versucht schon seit Wochen zu erfahren, wie viele Flüchtlinge inzwischen in Gaarden leben. Ohne Erfolg. Man gibt sich zugeknöpft in den Ämtern. Warum? Um es mit Thomas de Maizière zu sagen: „Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern.“
Diese Vermutung jedenfalls liegt nahe. Wohl die allermeisten Flüchtlinge können eine Wohnung nicht aus eigener Tasche bezahlen, sind also auf Sozialleistungen angewiesen. Und damit auf billigen Wohnraum, denn wenn die Quadratmetermiete zu hoch ist, gibt es kein Geld vom Staat. Vergleichsweise billig ist Wohnraum bekanntlich in Mettenhof und eben in Gaarden. Und man darf durchaus weiter vermuten, dass im Zweifel Gaarden einen Tick beliebter ist. Der internationale Lebensmittelhandel ist im Stadtteil bestens sortiert, für im Grunde jede Nationalität gibt es bereits eine Community, die den Alltag leichter macht, das Klima ist überwiegend von Toleranz geprägt.
Gute Gründe für Gaarden also, aber ob der wahrscheinlich erhebliche Zuzug von Flüchtlingen gut ist für Gaarden, ist eine andere Frage. Was nichts mit Fremdenfeindlichkeit zu tun hat, sondern mit einem fehlenden Konzept. Werden die Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften sozial noch einigermaßen ordentlich betreut, so sind sie in der Regel völlig auf sich allein gestellt, sobald sie eine eigene Wohnung haben. Kaum Sprachkenntnisse, keine oder keine anerkannte berufliche Qualifikation, niemand, der sich kümmert. Daraus mag vieles entstehen, aber ganz gewiss keine Integration. Zumal beispielsweise Mütter von Integrationskursen befreit sind, wenn die Betreuung ihrer Kinder nicht gewährleistet werden kann. Was oft genug der Fall ist.
Die Stadt verantwortlich zu machen, das wäre freilich unfair. Schon jetzt haben deren Beschäftigte mehr als genug damit zu tun, die Flüchtlinge unterzubringen und zu betreuen. Weitere Kapazitäten gibt es nicht, weiteres Geld erst recht nicht.
Die Folgen sind misslich: Ausgerechnet dann, wenn es wirklich um Integration geht, zieht sich der Staat zurück und lässt den Dingen ihren Lauf. Ein Problem, das nicht in Kiel, sondern nur in Berlin zu lösen ist. Zu sagen, „Wir schaffen das“, genügt nicht. Der Bund muss zuerst die Voraussetzungen schaffen, um es schaffen zu können.
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