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Gaarden Blog



Von Wagen und Fragen

Martin Geist     09.12.2015


Soll man sich darüber freuen oder ärgern? Auf Gaardener Bürgersteigen stehen neuerdings immer mehr Einkaufswagen herum.

Wissenschaftlich könnte man das Phänomen so formulieren: Der Motorisierungsgrad eines Quartiers verhält sich umgekehrt proportional zur Zahl der dort herren- und frauenlos herumstehenden Einkaufswagen. Zu kompliziert? Dann eben einfach: In Gebieten, in denen eher wenig Leute ein eigenes Auto haben, versperren eher viele Drahtkarossen von Aldi, sky und Co. die Fußwege.
Das mag an sich unschön und misslich sein, denn lieber würden wir uns an Blumenkübeln erfreuen als an den schmucklosen Transportgeräten der Lebensmittelmärkte. Andererseits ist es aber auch ein Beleg dafür, wie wunderbar Systeme funktionieren. Wo es an Geld für private Autos fehlt, stellen sich die Geschäfte darauf ein und ihre Regale nicht auf entfernte grüne Wiesen, sondern in zu Fuß erreichbarer Nähe hin. Dann wiederum ist es aus Verbrauchersicht nur logisch, seine Einkäufe nicht mühsam in Taschen, sondern gemütlich mit dem Einkaufswagen übers Kopfsteinpflaster scheppernd nach Hause zu transportieren.
Was wiederum zwei Schlüsse nahelegen könnte. Möglicherweise ist ein Euro Pfand für einen solchen Wagen einfach zu billig, um in Abwägung der Vor- und Nachteile auf derlei Entführungsaktionen zu verzichten. Oder das Busfahren ist andererseits zu teuer, um die Transportfrage auf regelgerechte Weise zu lösen.
Die zweite These könnte stimmen. Darauf deutet zumindest hin, dass immer wieder zum Monatsanfang Taxen vor den Märkten halten, um schwer bepackte Kundschaft zu chauffieren. Das Geld sitzt zu diesem Zeitpunkt noch vergleichsweise locker, und man entscheidet sich, gleich mal Großeinkauf zu machen und dann ein Taxi zu nehmen. Was wiederum im Fall eines Paares, das sich diesem Unterfangen widmet, nicht wesentlich teurer ist als zwei Busfahrkarten.
Wie man es auch dreht und wendet, der Mensch verhält sich im Grunde immer irgendwie rational. Weil das im speziellen Fall zudem bedeutet, dass in Gaarden dank der vielen CO2-freien Einkaufswagen rein klimamäßig einiges in die richtige Richtung läuft, muss man darüber vielleicht gar nicht so vergrämt sein. Auch wenn einem wiederum die Leute vom sky-Markt in der Elisabethstraße leidtun, wenn sie mittlerweile bereits mit Aushängen im Geschäft nach den abhanden gekommenen Wägelchen fahnden. (Kleiner Tipp an sky: Der hier abgebildete Wagen steht in der Jachmannstraße.)
Vielleicht ließe sich das Problem aber auch zu aller Zufriedenheit lösen. Warum zum Beispiel nicht ein öffentlich-privates Beschäftigungsprojekt anschieben, mit dem Ziel, die Wagen wieder zurückzuführen, sie vielleicht gar zu verschönern, dezentrale Sammelstellen zu errichten oder was auch immer? Womöglich ließe sich gar eine fulminante Initiative der IT-Wirtschaft starten. Nach dem Motto GPS-Sender an jeden Wagen und die Dinger satellitengestützt wieder aufstöbern. Wäre ja auch eine Lösung für aushäusige Ehepartner(innen) oder die vielen Euros, die ans Kieler Rathaus gehen und nie wieder gesehen werden.



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