Die feine Kunst des Kämpfens
Martin Geist 11.10.2015
Gaarden ist ein guter Platz, um Vorurteile loszuwerden. Zum Beispiel übers Boxen, wie am Samstagabend das Faustkampf-Event in der Coventryhalle zeigte.
Boxer sind tätowiert wie Lebenslängliche, prügeln tumb aufeinander ein und lieben es, wenn Blut spritzt. Dergleichen dachte eigenem Eingeständnis nach eine Gaardenerin, die sich zum ersten Mal live diesen Sport ansah – um alsbald ihre Sichtweise gründlich zu korrigieren. Tatsächlich weist jeder drittklassige Reservekicker in der Bundesliga weit mehr Körperbemalung auf als die Boxer, denen ihre Athletik oft schon Zier genug ist. Tatsächlich kann erst recht keine Rede von Prügelei sein. Schon die Nachwuchskämpfer zeigten, dass es auf Kraft, Koordination und taktische Intelligenz ankommt, wenn man drei Runden erfolgreich überstehen will. Und außer bei einem ganz kleinen jungen Wilden, der sich altersbedingt bar allen strategischen Denkens ein Duell mit einem ebenso temperamentvollen Kontrahenten lieferte und dabei was auf die Nase bekam, floss in den knapp zwei Dutzend Kämpfen kein Tropfen Blut.
Statt dessen sahen die etwa 350 Zuschauer sehr packende, sehr faire und sehr abwechslungsreiche Kämpfe in fast allen Alters- und Gewichtsklassen. Und konnten dabei gleich ein weiteres Vorurteil korrigieren, indem sie feststellten, dass Boxen sehr wohl auch ein Sport für Frauen ist. Mit nicht ganz so viel Power, aber feiner Technik demonstrierte das allen voran die Gaardener Lokalmatadorin Juliane Zweers. Und dann waren da auch noch die Ringer der TuS Gaarden. Mit fulminanten Schaukämpfen vermittelten sie mehr als nur einen Eindruck davon, welche Faszination auch diesem Kampfsport innewohnt.
Gut stehen die Chancen, dass dieses erste Kieler Boxevent seit etwa zehn Jahren im Herbst 2016 eine weitere Auflage erfahren wird. Im Zusammenspiel von TuS Gaarden und der Firma Sportmarketing Nord gelang vom Licht über den Sound bis zur fachkundigen Moderation von Hans Korth ein auch in der Präsentation nahezu perfekter Abend.
Ein Abend, dem es zudem nicht an Glamour-Effekten fehlte. Musikalisch zeichnete dafür in erster Linie der Kieler Sänger Malte Feldmann mit einem starken Auftritt zuständig. Promimangel herrschte ebenfalls nicht. Präsenz am Ring zeigte unter anderem Ex-Europameister Lothar Abend. Der große alte Mann des Gaardener Boxsports freute sich vor allem, dass er in der Coventryhalle viele Weggefährten aus lange vergangenen Zeiten wiedersah. Erstmals Boxen live erlebte derweil Innenminister Stefan Studt, der sogleich ziemlich bester Box-Freund wurde. Jedenfalls fand er’s „total spannend“ in Gaarden. Und stand mit dieser Einschätzung weiß Gott nicht allein da.
