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Gaarden Blog



Willkommen in Kalkutta

Martin Geist     25.03.2015


Eine Kolumne von Martin Geist zum neuen Gaarden-Tatort.

„Schluss mit dem Gaarden-Bashing.“ Tus-Gaarden-Vorsitzender Dieter Bünning erhebt diese Forderung jedes Jahr beim Grünkohlessen und auch sonst zu vielen Gelegenheit. Genutzt hat es bislang wenig. Offenbar ist es einfach schick, auf Quartiere einzudreschen, die nach mittelstandsbürgerlichen Vorstellungen nicht so ganz schick sind.
Ob da der neue Tatort eine Ausnahme macht? Wir erfahren es am kommenden Sonntag (20.15 Uhr, ARD), wenn es heißt „Borowski und die Kinder von Gaarden“. So viel vorweg: Es geht um Missbrauch, emotionale Verkümmerung, um Suff und um Chaos. Um Dinge also, die es gibt. In Gaarden und auch anderswo, nur dass sie vielleicht in Gaarden eher sichtbar sind.
Das ist aber erst einmal noch gar nicht so wichtig. Die Frage ist, wie dieser Film wirkt, noch ehe ihn überhaupt jemand gesehen hat. Vom „Kieler Elendsquartier Gaarden“ ist die Rede in einer Ankündigung der Zeitschrift „TV Digital“, ganz ähnlich formulieren andere Blätter. Willkommen in Kalkutta. Problemviertel reicht nicht, es muss schon gleich ein Elendsquartier sein, mit der Vorstellung, dass die Leute in Blechhütten und so wohnen.
Nicht gerade imagefördernd dürfte dieser Krimi auch deshalb wirken, weil nichts verschlüsselt ist. Während der jüngste Borowski-Krimi eine Chrystal-Meth-Geschichte mit lauter Dumpfbacken in einem – allerdings fiktiven – Dorf erzählte, heißt hier alles so wie es heißt. Gaarden ist Gaarden, die Augustenstraße ist die Augustenstraße.
Andererseits sollten wir ehrlich sein. Der Ruf von Gaarden ist so oder so schlecht. Insofern macht Herr Borowski wahrscheinlich nichts schlimmer, trägt aber vielleicht dazu bei, dass in Kiel ausnahmsweise einmal substanziell über Gaarden diskutiert wird.
Denn es ist so: Zu viel wird nicht getan, weil es den handelnden Personen in den Amtsstuben und Parlamenten an Rückgrat fehlt. Wer mehr für Gaarden tun will, kann weniger für andere Stadtteile tun. Und muss bereit sein, dafür im Zweifel Prügel einzustecken.


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